Strassenbahn-Depot

Im Norden der Stadt ist ein bedeutendes Zeugnis der Industriekultur in Bonn zu entdecken: das ehemalige Straßenbahn-Depot, 1905/06 im Jugendstil erbaut. Das komplett erhaltene und sehenswerte Ensemble besteht aus der großen Wagenhalle, Direktorenvilla, Remise, Hausmeisterwohnhaus und Umzäunungsmauer. Durch seine öffentliche Nutzung ist es von außen zudem gut zugänglich.

Vorderansicht der Wagenhallen. Der Verlauf einiger ehemaliger Gleise ist in der Pflasterung gekennzeichnet.

Anfang des 20. Jahrhunderts wuchs das Bonner Straßenbahnnetz stetig – und eine entsprechende Unterbringung der Straßenbahnen war dringend erforderlich. Daher wurde eine großdimensionierte vierschiffige Wagenhalle errichtet. Pro Hallenschiff gab es jeweils drei Eingangstore und Gleiseinfahrten. Von Beginn an war eine Oberleitungs-Stromversorgung für die elektrisch betriebenen Bahnen vorhanden.

Das Straßenbahndepot um 1908 mit einigen Straßenbahnen, rechts die Direktorenvilla. Auf dem Gelände lagern Schienen und Schotter. Foto: Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn.

Bei dem Gebäude handelt es sich um eine moderne Stahlkonstruktion, die mit Ziegelmauerwerk verkleidet wurde. Im vorderen Teil befand sich die eigentliche Wagenhalle, im hinteren Teil lagen Räume für die Werkstätten und die Verwaltung.

Rückseite der Wagenhalle, hier waren früher u.a. die Werkstätten untergebracht.

Geschweifte Dachformen, eine Kombination aus Putzflächen und ornamental eingesetzten Klinkersteinen und das Jugendstildekor geben der Fassade ein schwungvoll-elegantes Erscheinungsbild. In den Giebeln finden sich unter anderem Stuck-Allegorien zum Verkehr, zum Beispiel geflügelte Räder.

Anspruchsvoll gestaltete Direktorenvilla.
Remise und Hausmeisterwohnhaus hinter der Wagenhalle.
In der Gestaltung der rückwärtigen Remise finden sich die geschwungenen Bögen der Wagenhalle in einfacher Form wieder.

Noch während der Betriebszeit wurde 1973 allerdings die linke Halle abgerissen; sie wurde später (ohne Dekor) wieder aufgebaut. Die jeweils drei Einzeltüren pro Giebel fielen zudem großen Rolltoren zum Opfer.

Luftansicht von Norden: links die Direktorenvilla, rechts Remise und Hausmeisterwohnhaus.
Foto: Wolkenkratzer, CC BY-SA 3.0, Link

Das Depot wurde 1986 außer Betrieb genommen, die Gleise blieben bis 1994 erhalten.
Nach einem Wechsel verschiedener Nutzungsideen und Besitzer gelang 2000 der Umbau für eine Büronutzung, die im Auftrag der Deutschen Telekom stimmig umgesetzt wurde. Im vorderen Bereich der Wagenhalle blieb die große Halle erhalten, die den Blick auf die Stahlkonstruktion des Daches freigibt. Damit wurde eine kleinteilige Parzellierung zumindest partiell verhindert. In die Halle ist ein Block in U-Form eingesetzt, in dem sich Büros befinden. Auf dem Vorplatz – jetzt als Parkplatz genutzt – ist die Lage der ehemaligen Gleise durch eine entsprechende Pflasterung noch gut erkennbar. Aus der Hand der Telekom ging das Ensemble 2010 in den Besitz der Kultusministerkonferenz über.

Durchblick in die Halle.
Einblick in das Foyer von der Seite

Text und Fotos: Detlef Stender

Adresse: Graurheindorfer Str. 157

Literatur:

Kultusministerkonferenz: Geschichte des Hauses Graurheindorfer Str. 157, Bonn,
https://www.kmk.org/kmk/sekretariat/geschichte-graurheindorfer.html)

Stern, Volkhard: Das Straßenbahndepot Graurheindorf: ein Zeitenvergleich: damals und später. In: Köln-Bonner Verkehrsmagazin. 40 / 2015, S. 43

Stern, Volkhard: Verkehrsknoten Bonn, Freiburg 2015

Denk, Andreas, Flagge, Ingeborg: Architekturführer Bonn. Berlin 1997, S. 74