Auermühle / Büro-Campus

Mit der Anlage der neuen Hafenanlage 1924 änderten sich auf einen Schlag die Verhältnisse im bis dahin beschaulichen Graurheindorf im Norden Bonns. Am Kai wuchsen zwei für die dörflichen Verhältnisse gigantische Gebäude aus dem Boden. 1927 begann dort die „Bonner Weizenmühle Carl Auer“ Getreide zu mahlen. Dieses wurde meist per Schiff angeliefert. 1930 zerkleinerten die Mahlgänge pro Tag ca. 100 Tonnen!

Das gesamte Areal aus der Luft. Vorne und links die beiden Silos.
Foto: Wolkenkratzer, CC BY-SA 3.0, Link

Das erste, damals weitgehend fensterlose Silogebäude (heute weiß gestrichen) wurde zwar als moderne Stahlbetonkonstruktion errichtet, sah aber nicht nur schlicht-funktional aus, sondern gab sich zumindest in der gestuften Dachkonstruktion mit auskragenden Dachgesimsen ein kleines bisschen wie ein Tempel oder eine Pagode.

Neben dem weißen Silo entstand in den 1920er Jahren dieser mächtige Klinkerbau im Stil der neuen Sachlichkeit, wohl für die eigentliche Mühle und die Verwaltung.

1939 kam ein weiteres mächtiges Silogebäude in Stahlbetonkonstruktion mit Klinkerausfachung hinzu. Dank der hochaufragenden, steilen Dachkonstruktion und dem seitlich angesetzten Turm wird auch hier der rein funktionale Eindruck gebrochen. Es gibt Vermutungen, dass das Lagergebäude wie eine überdimensionale Kirche wirken sollte, um es im Krieg vor Zerstörung zu schützen.

Silo von 1939. Die Fassade der „Kornkirche“ macht die zu Grunde liegende Stahlbetonkonstruktion sichtbar.

1948 wurde die Auermühle durch den Bau einer Hafer- und Reis-Mühle erweitert. Bereits Anfang der 1950er Jahre wurde das Gebäude zum Bürostandort umgenutzt.

Die Auermühle stellte in den späten 1980er Jahren ihren Gewerbebetrieb ein. Das Ensemble kam in den Besitz des Bonner Unternehmers Frank Asbeck, der ab Mitte der 1990er Jahre begann, es zu Bürozwecken umzubauen. Hauptnutzer waren anfänglich die Direktbank, die Deutsche Bank und das Unternehmen DHL. Beide Silogebäude erhielten in den geschlossenen Fassadenfronten Fenster, wesentliche Konstruktionen im Inneren mussten einem normalen Geschossausbau weichen. Beim weißen Silogebäude fiel auch ein Schornstein. Aber immerhin blieb das Gesamtensemble durch die Umnutzung nahezu in vollem Umfang und in der Gebäudekubatur erhalten und räumlich erfahrbar.

Detail am Klinkerbau von 1924.

Nach dem Auszug der Bank übernahm 2011 Frank Asbeck mit 250 Beschäftigten große Teile der Büroflächen selbst. Asbeck hatte 15 Jahre zuvor sein Unternehmen „SolarWorld“ in der Auermühle als Start-Up gegründet. Später fügte Asbeck unmittelbar an den historischen Bestand angrenzend noch ein groß dimensioniertes Bürogebäude mit moderner Architektur und einer markanten Stufenform an, dessen lange Fensterfronten einen Premiumblick auf Bonn und das Rheinpanorama bieten.

Der Neubau rückt dem historischen Ensemble sehr nahe, wirkt aber auf Grund der Proportionen und Architektur nicht unstimmig.

„SolarWorld“ geriet in den folgenden Jahren in wirtschaftliche Schwierigkeiten und musste das Gelände räumen. 2018 zog als neuer Nutzer das BWI ein, der IT-Dienstleister der Bundeswehr, der die Anlage mit einer beträchtlichen Zaunanlage fortifizierte. Betreten nicht möglich, Anschauen von der Straße aber schon.

Text und Fotos: Detlef Stender

Adresse: Karl-Legien-Straße 188/192

Literatur:

Auermühle bei Wikipedia. Online

Pannes, Vera : Die Auermühle in Bonn-Graurheindorf, http://www.rheinische-industriekultur.de/objekte/Bonn/auermuehle_bonn/auermuehle_bonn.html