„Bahnhöfchen“ Bonn-Beuel

Das sogenannte „Bahnhöfchen“ in Bonn-Beuel ist ein gar nicht so kleiner Bahnhof für eine gar nicht so unbedeutende Bahn: Das 1891 errichtete Fachwerkgebäude direkt am Rheinufer unweit der Kennedybrücke war eine der wichtigsten Stationen der Bröltalbahn (ab 1921 Rhein-Sieg-Eisenbahn AG). Sie erschloss die ländlich geprägte Region zwischen dem vorderen Westerwald und dem südlichen Bergischen Land. Mit ihrer Spurweite von 785 Millimetern gilt sie als die erste Schmalspurbahn des öffentlichen Verkehrs in Deutschland.

Nach bescheidenem Beginn ab 1862 (zunächst als Pferdebahn zwischen Hennef und Ruppichteroth) entwickelte die Bröltalbahn nach der Einführung des Dampfbetriebs allmählich ein umfangreiches und weit verzweigtes Streckennetz. Endpunkte waren unter anderem Beuel mit seinen Hafenanlagen für den Güterumschlag, Waldbröl im Bergischen Land, Asbach im vorderen Westerwald, Rostingen (im Südosten des Siebengebirges) sowie Siegburg. Zahlreiche (Basalt-)Steinbrüche erhielten eigene Anschlussgleise an das insgesamt 87,3 Kilometer umfassende Netz, um das in den Brüchen gewonnene Gestein leichter zum Rhein hin abfahren zu können.

Der Abendzug nach Hennef mit Lok 13 (Lokomotivfabrik Arnold Jung in Jungenthal/ Sieg, 1892) steht 1936 zur Abfahrt nach Hennef bereit. Quelle: RSE-Museum Asbach.

Damit erschloss die Bahn das Hinterland abseits der normalspurigen Hauptstrecken wie der Siegtalbahn und der rechtsrheinischen Bahnlinie von Köln nach Neuwied. So langsam die Personen- und Güterzüge auch unterwegs waren – sie versprachen der Bevölkerung im Einzugsbereich der Strecken eine bislang nie gekannte persönliche Mobilität, und sie sorgten vielerorts für wirtschaftlichen Aufschwung, da sie den Transport von Waren erheblich erleichterten und beschleunigten.

Die 1959 von dem Berliner Lokomotiv- und Maschinenbauunternehmen Orenstein & Koppel gelieferte Diesellok V 12 mit zwei Selbstentladewagen für den Basalttransport. Quelle: RSE-Museum Asbach, Sammlung Gussmann.

Im Vergleich zu der weniger rentablen Personenbeförderung – die bereits Mitte der 1950er Jahre zugunsten des Busverkehrs aufgegeben wurde – war der Gütertransport von Beginn an für die Bahn kommerziell interessant. In den Anfangsjahren beförderte sie vor allem Eisenerz aus dem Bröltal, später in erster Linie Gestein wie Grauwacke und Basalt aus dem östlichen Rhein-Sieg-Kreis und dem Westerwald, das in Beuel neben dem Bahnhöfchen auf Schiffe umgeladen wurde. Die Gütergleise am Rheinufer waren insgesamt immerhin über zweieinhalb Kilometer lang; zwei Dampfkräne standen für die Verladung von Massengütern zur Verfügung. Der Stückgutverkehr spielte demgegenüber eine geringe Rolle. 1967 stellte die Bahn den Güterverkehr endgültig ein – der Konkurrenz des LKW war die Schiene nicht mehr gewachsen.

Symbolisches Gleisstück an der Beueler Uferpromenade – Blick auf einen Teil der ehemaligen Verladeanlagen am nördlichen Rheinufer; im Hintergrund eine abstrakte Stahlkonstruktion, die an die längst demontierten Sturzgerüste zur Verladung des Basaltgesteins erinnern soll.

Als eines der letzten baulichen Relikte der Bröltalbahn ist der Beueler Bahnhof, der heute als Restaurant dient, erhalten geblieben. Im Umfeld erinnert so gut wie nichts mehr an den lebhaften Bahn- und Hafenbetrieb. Die sich einst über anderthalb Kilometer erstreckenden Verladeanlagen sind als solche nicht mehr zu erkennen.

Lok Nr. 53 der „Rhein-Sieg-Eisenbahn“ im Museumsbahnhof Asbach/ Westerwald.

Ein weiteres Denkmal der regionalen Schmalspurgeschichte ist der ehemalige Bahnhof in Asbach/ Westerwald. Hier hält das „Museum der Rhein-Sieg-Eisenbahn“ unter schwierigen Bedingungen die Erinnerung an das Unternehmen wach. Eindrucksvollstes roll-,aber leider nicht mehr funktionsfähiges Exponat ist die Lok Nr. 53, die letzte erhaltene Dampflok der Bröltalbahn. Sie wurde 1944 von der renommierten Lokomotivfabrik Arnold Jung in Jungenthal bei Kirchen an der Sieg gebaut und kam vor allem vor schweren Basaltzügen zum Einsatz.

Text und Fotos: Markus Krause

Adresse: Rheinaustraße 116, 53225 Bonn

Literatur:

https://museum-asbach.de/

https://de.wikipedia.org/wiki/Bröltalbahn

Clößner, Wolfgang: Enge Täler, schmale Gleise – Wem hat es genutzt? In: Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises. 29/ 2014, S. 56-65


Clößner, Wolfgang, Gussmann, Carsten: Die Rhein-Sieg Eisenbahn. Pionier der deutschen Schmalspurbahnen. Berlin 2017

Volkhard Stern: Verkehrsknoten Bonn. Freiburg 2016

Talbot, Franz-Josef; Loosen, Judith: Denkmalpfade im Stadtbezirk Beuel. Hg.: Heimat- und Geschichtsverein Beuel am Rhein. Bonn 2004, S. 22f.

Wolff, Gerd: Deutsche Klein- und Privatbahnen. Bd. 4: Nordrhein-Westfalen, südlicher Teil. Freiburg 1997, S. 217-245