Der Bonner Hafen

Hinter hohen Zäunen, die dem Sicherung der Waren und dem Lärmschutz dienen, kann man am Rheinkilometer 658 in Graurheindorf den Bonner Hafen und ein Stück große, weite Welt erahnen. Bunt leuchtende Containerberge und eine imposante Ladebrücke ragen hoch in den Himmel über dem Fluss auf.

Doch der Hafen war nicht immer hier. Bereits für 1369 wird ein hölzerner Schwenkkran auf Höhe des Alten Zolls erwähnt. Zwischen 1846 und 1898 wurde weiter nördlich im Bereich der heutigen Beethovenhalle eine neue Handels- oder Rheinwerft erbaut. Dieser zum Fluss hin etwas auskragende Kai ist an der Uferpromenade bis heute gut erkennbar. Fahrgstschiffe legen hier immer noch stadtnah an. 1896 wurde dort ein fahrbarer Dampfkran installiert, dessen Anfeuern allerdings recht zeitraubend gewesen sein soll. Die Hafenanlage erwies sich schon bald als zu klein und ungeeignet, vor allem weil ein Bahnanschluss fehlte und die Schiffe bei besonders hohen oder niedrigen Wasserständen dort nicht anlanden konnten.

1924 wurde daher am Graurheindorfer Flussufer ein 450 Meter langer hochwassersicherer Hafenkai mit einer 320 Meter langen Kranbahn errichtet. Zwei elektrisch betriebene Halbportalkräne brachten die Anlage auf den neuesten technischen Stand. Auch die Firma „Am Zehnhoff“, die schon am alten Anleger einen kleinen Hafenumschlagbetrieb betrieben hatte, siedelte ihr Unternehmen für „Spedition, Schifffahrt, Lagerung“ nach Graurheindorf um. Zehnhoff stellte am neuen Kai Ladeeinrichtungen und Lagerhallen auf und begann mit einem Hafenbetrieb. Ab jetzt wurden hier Güter be- und entladen und gelagert.

Die neu erbaute Kaianlage in Graurheindorf mit dem Lagerhaus der Fa. Am Zehnhoff, 1924. Im Hintergrund sind die zwei neuen Kräne sowie die mächtigen Neubauten der Auermühle zu erkennen. Quelle: Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn, Foto: Joseph Breuer.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs waren wesentliche Teile des Hafens zerstört. Nach dem Krieg wurde die Anlage Stück für Stück wieder aufgebaut und modernisiert. Ältere historische Substanz ist dort also kaum zu erwarten.

Kranumschlag am Graurheindorfer Hafen, um 1970. Quelle: Stadtwerke 1983, S. 11.

Seit Anbeginn kaufte die Firma immer wieder kleinere Logistikbetriebe am Rhein auf und erweiterte damit ihren Einflussbereich. Ab den 1920er bis in die 1960er Jahre verband die sogenannte Rheinuferbahn (als Teil der nichtstaatlichen Köln-Bonner Eisenbahnen) das Hafengelände über den Bahnhof Bonn-Buschdorf mit dem überregionalen Eisenbahnnetz. An der neuen Rheinwerft gab es Lagerplätze für Holz, Kohlen, Lebensmittel und Dünger und im Norden Tankanlagen.

Die moderne Containerbrücke ist vom südlichen Rheinufer gut zu sehen. Das Hafengelände selbst ist unzugänglich.

Noch bis Ende der 1950er Jahre kamen in Graurheindorf aus dem Süden riesige Holzflöße an. Später stieg der Heizölumschlag. 2004 gründeten die Stadtwerke Bonn gemeinsam mit der Firma „Am Zehnhoff-Söns“ die Bonner Hafenbetriebe GmbH. Von 2008 bis 2012 wurde der Hafen noch einmal deutlich erweitert und modernisiert. Die Flächen für Container wurden vergrößert und 100 Meter Uferböschung mit einer hohen Spundwand versehen. Am Bonner Hafen können nun mehrere große Rheinfrachter mit einer Länge von über 100 Metern gleichzeitig festmachen. Zum Teil ist auch der „Schiff-zu-Schiff-Umschlag“ technisch möglich.

Der Bonner Hafen ist ein typischer Umschlaghafen zur Weiterleitung von Gütern aus dem Fernverkehr in die Region und umgekehrt. LKWs transportieren von hier Container, Stückgüter und diffizile Spezialtransporte direkt an den Zielort. Für das Unternehmen fuhren 2022 ca. 110 Lastkraftwagen, die meistens Ziele in einer Entfernung von 50-100 Kilometern ansteuern. Schwere Massen- und Schüttgüter sowie Container werden auf Binnenschiffe verladen und Richtung Süden verschifft – den Rhein und seine schiffbaren Nebenflüsse hinauf. Zugleich werden hier auch Waren aus dem Rheinland und den umliegenden Regionen in die große weite Welt versandt.

Der Hafen hat in jüngster mit den immer geringeren Wasserständen im Rhein zu kämpfen, die den Frachtverkehr per Schiff zeitweise einschränken oder ganz unmöglich machen. Diese Folge des Klimawandels führt dann zu einem verstärktem LKW-Verkehr, was wiederum ökologisch schädlicher ist als der gebündelte Frachtverkehr mit großen Mengen auf dem Wasser.

Frachtverkehr und Hafen – von der Friedrich-Ebert-Brücke betrachtet.

Der Bonner Hafen wird gern – im Vergleich zu anderen großen Rheinhäfen – als klein bezeichnet. Nichtsdestotrotz sind die Dimensionen der Hafenanlage beachtlich: 50–60.000 Quadratmeter Lagerfläche, ca. 50 Schiffsanlandungen und Abfahrten pro Woche aus und in Richtung Rotterdam, Antwerpen oder Amsterdam. Die neue Containerbrücke, die man vom Fuß- und Radweg am Rhein aus gut sehen kann, ist immerhin 43 Meter hoch und besitzt einen 122 Meter langen Brückenträger. Pro Jahr wurden 2022 860.000 Tonnen umgeschlagen. Das alles ist vielleicht im Vergleich mit Duisburg nicht viel, aber für die Bürger- und Beamtenstadt Bonn dann doch beachtlich.

Text und Fotos: Detlef Stender

Adresse: Hafenstraße 1

Literatur:

Am Zehnhoff-Söns GmbH: Über 100 Jahre Geschichte in Bonn,
online:
www.azs-group.com/de/unternehmensgruppe/geschichte

Am Zehnhoff-Söns : Betreiber des Bonner Hafens wappnet sich für die Zukunft, Bonner Generalanzeiger 23.2.2023,

Bonner Hafenbetriebe GmbH – Website: www.hafen-bonn.de

Hörold, Dietrich (Hg.): Geschichte der Stadt Bonn, Band 4. Von der französischen Bezirksstadt zur Bundeshauptstadt. Bonn 1989, S. 317/18, 325

Stadtwerke Bonn (Hg.): Der Bonner Hafen. Bonn 1983