Wenn man auf der Bonner Rheinpromenade Richtung Süden spaziert, fallen oben auf der Stützmauer einige stattliche Villen ins Auge, die zum Teil von Unternehmern aus den Industriegebieten des Rheinlands erbaut wurden. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts war dieses Gelände gänzlich unbebaut. Dann begannen einige Professoren der 1819 neu gegründeten Universität, hier großzügige Villen zu errichten. Mit dem Anschluss Bonns an die Bahnlinie nach Köln 1844 begann eine Phase des Zuzugs. Jetzt wurden am Rheinufer südlich von Bonn Zweitwohn- und Alterssitze von Unternehmern, Kaufleuten, Bankiers und sogenannten „Rentnern“ oder Rentiers errichtet, die ihr Geld in der Industrie, im Handel oder im Bankgeschäft in Köln, Aachen, im Ruhrgebiet oder gar in England oder Russland verdienten oder verdient hatten.
Viele der Neubürger waren Mehrfachmillionäre. Sie nutzten die Villen unterschiedlich: als Wochenend- oder Sommerresidenz oder auch ganzjährig. Manche zogen im Alter ganz nach Bonn, um hier ihren Lebensabend zu verbringen.
Unter dem Einfluss der Rheinromantik galt ein Aufenthalt an der Pforte zum romantischen Rhein als außergewöhnlich und aufregend. In Bonns Süden könne man „Wasser, Himmel und Berge (…) aus erster Hand“ und eine „schöne erhabene Natur“ erleben und sich „des offenen Lichts zu einem besseren Dasein“ erfreuen, wie der Dichter und Publizist Ernst Moritz Arndt in privaten Briefen schwärmte. Arndt war denn auch einer der ersten, der sich 1829 eine kleine Villa oberhalb des Rheins im klassizistischen Stil errichten sollte – das bis heute erhaltene Arndt-Haus.
Ausschlaggebend für den Zuzug aus dem industrialisierten Norden waren zudem das vergleichsweise milde Klima, die guten Lebensbedingungen sowie der außergewöhnliche Ausblick auf das Siebengebirge. Die Zeitgenossen waren absolut hingerissen: „Nie zu vor habe ich ein überwältigenderes und herrlicheres Panorama gesehen“, so der italienische Schriftsteller Luigi Pirandello. Neubürger zeigten sich begeistert, dass sie „fortan am schönsten Fleck Deutschlands“ leben durften (Eberhard Gothein).
Im Folgenden werden zwei Villen vorgestellt, die von Fabrikanten und Bankiers entlang des Rheins erbaut wurden. Während die Gebäude früher frei und offenen am Rand der Stützmauer standen, sind sie heute durch den Baumbestand oft etwas verdeckt. Ein Blick nach oben zeigt an der Rheinpromenade bald nach der zweiten Fährgasse die weiß leuchtende Villa Schumm (1896). Carl Josef Hermann Schumm war Direktor der Gasmotorenfabrik in Deutz. Er kam aus gesundheitlichen Gründen nach Bonn, aber auch wegen des geistigen Lebens und der guten Ausbildungsmöglichkeiten für seine Kinder. Zeitweilig arbeitete er von Bonn aus für das Deutzer Unternehmen.
Die nächste Unternehmervilla etwas weiter rheinaufwärts wurde 1896 von dem Duisburger Fabrikanten Friedrich Heckmann erbaut. Sowohl die Villa Schumm als auch die Villa Heckmann repräsentieren den zeittypischen historistischen Stil. Bei der Villa Schumm fehlt leider inzwischen der mächtige turmartige Dachaufbau.
Text und Fotos: Detlef Stender
Adresse: Rheinpromenade
Literatur:
Engelen, Petra / Hasekamp, Uta / Heckner, lrike / Notarius, Christina: Gartenhäuser im Rheinland. Ein Führer zu den Kleinarchitekturen in Parks und Gärten, Petersberg 2023, S. 158f.
Hörold, Dietrich (Hg.): Geschichte der Stadt Bonn. Band 4. Von der französischen Bezirksstadt zur Bundeshauptstadt. Bonn 1989, S. 300 ff.
Sonntag, Olga: Villen am Bonner Rheinufer: 1819–1914. Bonn 1998. Band 1, S. 27ff. / 292, Bd. 3, S. 54ff. / 60ff.