Das Elektrizitätswerk war der erste Versorgungsbetrieb, der gegen Ende des 19. Jahrhunderts direkt in städtischer Regie errichtet wurde. Bonn folgte damit relativ spät einer Entwicklung in Deutschland, die 1884 bzw. 1885 in München und Berlin mit der Eröffnung von kommunalen Elektrizitätswerken begonnen hatte.
Das städtische Elektrizitätswerk entstand 1898/ 99 in unmittelbarer Nähe zum Gaswerk an der Karlstraße. Es wurde zunächst offenbar mit einer Gasturbine betrieben, die ihren Brennstoff aus dem benachbarten Gaswerk bezog. 1905 kam die erste Dampfturbine zum Einsatz, bei der heißer Wasserdampf die Turbine und diese wiederum einen Generator antrieb, der den Strom erzeugte. Zur Dampferzeugung wurde bis 1914 Steinkohle, danach bis 1998 Braunkohle als Brennstoff verfeuert.
Der Strom diente zunächst vornehmlich für die Straßenbeleuchtung der Innenstadt. Die Beleuchtung der Außenbezirke wie zum Beispiel der Südstadt erfolgte zum Teil bis in die 2010er Jahre weiterhin mit Gaslampen.
Auch im privaten Bereich setzte sich die elektrische Beleuchtung nur zögerlich durch, da die neue Energie zu Beginn noch recht teuer war. Trotzdem gab es im ersten Betriebsjahr bereits 397 Abnehmer, darunter 165 Wohnungen und 144 Geschäfte.
Die kontinuierlich weiter ausgebaute Anlage wurde Ende 1944 durch einen Bombenangriff schwer getroffen. Aufgrund der Zerstörung der Kessel-, Kohlentransport- und Tiefbrunnenanlage sowie des alten Maschinenhauses musste die Stromerzeugung eingestellt werden. Sie konnte erst am 01.09.1949 in neuen Gebäuden wieder aufgenommen werden. Die anfängliche Leistung von vier Millionen Kilowatt/ Stunde konnte bis 1952 auf 40 Millionen Kilowatt/ Stunde gesteigert werden.
Die gesteigerte Produktion und die damit verbundene wachsende Menge an Abwärme führten 1951 zu dem Entschluss, das Elektrizitätswerk in ein Heizkraftwerk umzubauen. Der während der Stromerzeugung im Heizkraftwerk anfallende Dampf sollte der Beheizung der umliegenden öffentlichen und privaten Gebäude dienen. Erster Abnehmer waren die Stadtwerke selbst, die mit der Fernwärme die O-Bus-Halle an der Ecke Karlstraße/ Endenicher Straße beheizten.1998 wurde im Rahmen einer Modernisierung die Braunkohlefeuerung eingestellt und eine Gasturbine installiert. Als Brennstoff kommt seitdem Erdgas zum Einsatz.
Anfang der 2000er Jahre begann der Umbau der Anlage zu einem Gas- und Dampfkraftwerk, bei dem die Abwärme eines Gasturbinenkraftwerkes in einem Dampfkraftwerk genutzt wird: Die Abgase der Turbine dienen dabei als Wärmequelle für einen nachgeschalteten Abhitzekessel, der wiederum als Dampferzeuger für die Dampfturbine wirkt. Die Anlage konnte Mitte 2013 in Betrieb genommen werden.
Neben dem neuen markanten Ziegelsteinneubau an der Karlstraße und den Baublöcken des Heizkraftwerkes finden sich insbesondere entlang der Immenburgstraße nach Westen hin noch die typischen, mit gelben Klinkern belegten Gebäude der Wiederaufbauphase aus den 1950er Jahren.
Text: Franz Josef Talbot
Adresse: Karlstraße /Immenburgstraße
Literatur:
www.swb-konzern.de/unternehmen/historie-1/1899-elektrizitaetswerk/
www.swb-konzern.de/unternehmen/historie-1/1949-hauseigener-swb-strom/
Generalanzeiger Bonn, 29.06.2012: Heizkraftwerk Nord: Richtfest gefeiert – Stadtwerke investieren 80 Millionen Euro
Generalanzeiger Bonn, 19.07.2013: HeizkraftwerkNord: Start für Bonns größtes Kraftpaket
Schultze, R.: Baugeschichte der Stadt Bonn 1815-1915. Bonn 1919. Maschinenschrift im Stadtarchiv Bonn (Signatur I e 201)