Haribo – HAns RIegel BOnn

Im Süden Bonns, im Stadtteil Kessenich, befindet sich die Urzelle des berühmten Süßwarenherstellers, der – wenn man der Selbstdarstellung auf der Unternehmenswebsite glauben kann – in der Waschküche des Hauses Bergstr. 37 „lediglich mit einem Sack Zucker, einer Marmorplatte, einem Hocker, einem Herd, einem Kupferkessel und einer Walze“ einst in Richtung Welterfolg startete…

Hans (Johannes) Riegel, der spätere Gründer der Firma Haribo, wurde 1893 im heutigen Bonner Stadtteil Friesdorf geboren. In der Bonbonfabrik Kleutgen & Meier in Bad Godesberg erlernte er den Beruf des Bonbonkochers. Nach weiteren gut fünf Jahren im Unternehmen, zwei darauffolgenden Stationen und vier Jahren Kriegsdienst zog er nach seiner Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg 1918 wieder nach Bonn und fing bei der in Bonn-Kessenich ansässigen Firma Heinen als Bonbonkocher an. Nach nur wenigen Monaten im Betrieb avancierte er zum Teilhaber, die Firma hieß fortan Heinen & Riegel.

Nur zwei Jahre später, im Jahr 1920, gründete Hans Riegel sein eigenes Unternehmen: Im Hinterhaus der Bergstr. 37 in Kessenich richtete eine minimal ausgestattete Produktionsküche ein und begann mit der Süßwarenherstellung. Seinem neuen Unternehmen gab er den unverwechselbaren Firmennamen Haribo, ein Akronym aus seinem Namen und dem Firmenstandort Bonn.

Toreinfahrt zum Haus Bergstr. 37: Im Hinterhofgebäude richtete Hans Riegel seine erste Produktionsstätte ein.  

Gertrud Riegel, seit 1921 seine Ehefrau, war auch die erste Mitarbeiterin. Sie kümmerte sich um den Vertrieb, unter anderem indem sie selbst die Bonbons mit dem Fahrrad zu den Kiosken ausfuhr. Zu Dritt mit Hans Riegels jüngerem Bruder Paul war Haribo zunächst ein kleiner Familienbetrieb, allerdings von Anfang an so erfolgreich, dass er schon kurz nach Firmengründung expandierte. Hans Riegel erwarb oder baute weitere Produktionsgebäude und Lagerhäuser in der Umgebung und in den angrenzenden Stadtteilen. So entstand in den Jahren 1930 bis 1933 auch der große Neubau an der Langwartstraße. Der querrechteckige Backsteinbau mit den großen Fenstern ist das Herzstück der Kessenicher Fabrikanlage und auch mit jüngeren Anbauten und neuen Fenstern bis heute in seinem ursprünglichen Entwurf erkennbar. 1956 wurde dieser Teilabschnitt der Langwartstraße in Hans-Riegel-Straße umbenannt.

Haribo-Werk Bonn-Kessenich, 2021.
Haribo-Werk Bonn, 1950er Jahre. Quelle: HARIBO GmbH & Co. KG.

Bereits 1938 war das Werk in etwa auf seine heutige Ausdehnung angewachsen, und es gab sogar eine Produktionsniederlassung in Dänemark. Mit ca. 400 Mitarbeitern war Haribo ein attraktiver und wichtiger Arbeitgeber für Bonn.

Der rasche und anhaltende Erfolg basierte zum einen auf Haribos geschickter Vermarktung. Der 1930 entwickelte äußerst einprägsame Werbespruch „Haribo macht Kinder froh“ ist bis heute der Unternehmensslogan. Zum anderen hielt die breite Produktpalette für jeden Geschmack etwas bereit. Sie umfasste neben reinen Süßwaren wie Weichgummi und Lakritz auch pharmazeutische Artikel wie Salmiak-Pastillen. Der pharmazeutische Zweig trug später maßgeblich dazu bei, dass das Unternehmen den Zweiten Weltkrieg überstand. Auch die berühmten „Goldbären“ gab es schon. Bereits 1922 hatte Hans Riegel sie ursprünglich als „Tanzbären“ entworfen. Anfangs nur ein Produkt unter vielen sollte sich der „Goldbär“ zum Markenzeichen des Unternehmens entwickeln: 1967 wurde er vom Deutschen Patentamt offiziell als eingetragenes Warenzeichen anerkannt. Er ist heute neben der Lakritzschnecke wohl Haribos bekanntester Artikel und als Werbefigur im In- und Ausland bekannt.

Haribo Firmengebäude in Bonn-Kessenich, 2021.

Der Zweite Weltkrieg brachte insbesondere wegen des Rohstoffmangels auch für Haribo deutliche wirtschaftliche Einbußen und Rückschritte. Zudem starb Hans Riegel 1945 unerwartet früh mit nur 52 Jahren. Immerhin waren die Produktionsstätten weitestgehend unbeschadet geblieben. Nach ihrer Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft übernahmen die beiden Söhne Hans und Paul die Firma. Paul Riegel leitete den Produktionsbereich, Hans Riegel den kaufmännischen Bereich. Beide blieben in ihrer jeweiligen Funktion bis zu ihrem Tod 2009 bzw. 2013 Inhaber und Geschäftsführer des Unternehmens.

Die Brüder starteten mit nur mehr 30 Mitarbeitern den Wiederaufbau des Unternehmens, das sich wirtschaftlich rasch erholte und bald die früheren Erfolge übertraf. 1950 arbeiteten ca. 1.000 Menschen für Haribo. In der Wirtschaftswunderzeit und den folgenden Jahrzehnten wuchs die Firma rasant, auch durch die Übernahme diverser deutscher, aber auch ausländischer Süßwarenhersteller. Unter anderem kauften die Riegel-Brüder 1957 die Firma Kleutgen & Meier, bei der Hans Riegel senior seinerzeit gelernt hatte. Heute hat das Unternehmen ca. 7.000 Mitarbeiter und ist weltweit mit 25 Niederlassungen vertreten.

Das starke Wachstum und natürlich auch die Notwendigkeit zur Modernisierung ließen den Bonner Standort schließlich buchstäblich an seine Grenzen stoßen: Dem bereits dicht bebauten Gelände in Kessenich boten sich ringsum keine Erweiterungsmöglichkeiten mehr. 2013 fasste man daher den Beschluss, 25 Kilometer weiter südlich in der Gemeinde Grafschaft in Rheinland-Pfalz eine neue moderne Betriebsstätte zu errichten. Ein Teil der Gebäude im Bonner Stadtgebiet ist inzwischen anderweitig vermietet, ein anderer Teil wurde leider abgerissen, darunter auch Gebäude, die definitiv denkmalwert waren. Ihr Abbruch, der z.T. kurz vor der Eintragung in die Denkmalliste erfolgte, führte nicht nur bei den zuständigen Behörden zu Empörung und heftiger Kritik.

2018 bezog Haribo seinen neuen Unternehmenssitz in Grafschaft. Der Standort Bonn-Kessenich ist aber weiterhin in Betrieb und wird – wie Hans Guido Riegel, Sohn von Paul und Enkel von Firmengründer Hans Riegel betonte – „für immer ein Teil von Haribo bleiben“. Daher duftet es auch heute noch in Kessenich ab und zu nach Lakritz.

Text und Fotos: Barbara Wunsch

Adresse: Hans-Riegel-Str. 1, Bonn

Literatur:

https://www.haribo.com/de-de/ueber-uns/geschichte (29.01.2022)

Kaltscheuer, Christoph: Hans Riegel. In: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/hans-riegel/DE-2086/lido/57cd1fee5e53a6.38269037 (29.01.2022)

„HARIBO-Fabrikgelände in Kessenich”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-52516-20120807-3 (Abgerufen: 29.01.2022)

https://de.wikipedia.org/wiki/Haribo (29.01.2022)

https://ga.de/bonn/stadt-bonn/haribo-verlaesst-kessenich-aber-nicht-ganz_aid-43765137 (29.01.2022)

https://ga.de/bonn/stadt-bonn/politiker-fordern-bussgeld-fuer-haribo_aid-42129855 (29.01.2022)