Die Firma Orgelbau Klais ist seit 1882 in der Bonner Nordstadt ansässig. Sie baut und restauriert seit vier Generationen mit höchstem Qualitätsanspruch Orgeln – und hat inzwischen auch international großes Renommee. In Zeiten, in denen Gewerbebetriebe fast nur noch in gesichtslosen Industriegebieten am Stadtrand produzieren, ist es eine Besonderheit, dass die Firma nach wie vor an ihrem ursprünglichen Stammsitz an der Kölnstraße, im historisch gewachsenen städtischen Umfeld arbeitet. Die neugotische Werkstattfassade erinnert – sicherlich nicht ganz zufällig – ein wenig an Kirchenarchitektur.
Der Gründer der Firma, Johannes Klais (1852–1925), stammte aus einer Familie, die in Lüftelberg bei Meckenheim eine Ziegelbrennerei besaß. Johannes begeisterte sich aber statt für Ziegel für die Musik, beschäftigte sich autodidaktisch mit dem Orgelbau, lernte dann bei einem Onkel, der Orgeln reparierte, und schaffte es schließlich, bei einem Orgelbauer in Straßburg als Lehrling angenommen zu werden.
1882 errichtete sein Vater in der Breiten Straße ein erstes Wohn- und Werkstattgebäude für die neue Orgelbaufirma. Johannes Klais, der sich in jenen Jahren langsam einen Namen als Orgelbauer machte, konnte in der Folgezeit etliche Orgeln bauen. So wurde bald ein größerer Neubau erforderlich, der in der Kölnstraße 1894 entstand. Die Tordurchfahrt wurde 1912 überbaut, und der Briefkopf aus jener Zeit zeigt zudem weitere Werkstattgebäude mit Sheddächern hinter dem zur Straße liegenden Gebäude.
Schon der Gründer der Firma war sehr innovativ. Er entwickelte druckluftbetriebene Instrumente und installierte 1906 die „erste elektrisch angesteuerte Orgel“ in Erfurt. Bereits um die Jahrhundertwende hatte sich der Betrieb einen überregionalen Namen gemacht und lieferte bis ins Ausland. Neben moderner Technik, ausgefeilter Handwerkskunst und dem guten Klang war auch die Optik einer Orgel wichtig. So beschäftigte die Firma neben Orgelbauern und Schreinern auch Holzbildhauer und Schnitzer für die neugotischen Orgelgehäuse. 1914 hatte die Firma bereits an die 600 Orgeln gebaut und beschäftigte 72 Mitarbeiter.
Sohn Hans Klais pflegte in der Weimarer Zeit Kontakte zum Werkbund und Bauhaus und gestaltete nun betont sachliche Orgeln. Er hatte unter anderem Psychologie studiert, beschäftigte sich mit Tonpsychologie – und arbeitete dabei auch mit der Bonner Universität zusammen. Aufsehen erregte 1935 der Bau einer Orgel mit 5.000 Pfeifen für die Weltausstellung in Brüssel. Hans-Gerd Klais übernahm 1957 in dritter Generation den Betrieb und interessierte sich für den historischen Orgelbau und verstärkte die Aktivität und Kompetenz der Firma in Bezug auf die Restaurierung von Orgeln – nicht zuletzt mit dem Ziel, von den historischen Meisterwerken zu lernen und sich zu Neuentwicklungen inspirieren zu lassen.
Seit 1995 führt Phillip Klais in vierter Generation den Betrieb. Heute sind Klais-Orgeln auf der ganzen Welt gefragt und erklingen in vielen berühmten Kirchen und Konzertsälen. Auch die Hamburger Elbphilharmonie erhielt zum Beispiel eine Klais-Orgel, die dort nicht nur Instrument, sondern mit ihren 4.765 Pfeifen auch wesentlicher Bestandteil der Raumarchitektur des Konzertsaales ist – an ihr flanieren die Menschen vorbei und dürfen sie zum Teil sogar anfassen.
Wer sich ein Bild von der Vielfalt der Klais-Orgeln machen will, möge sich die Website des Hauses ansehen und anhören! Dort gibt es eine Opus-Liste, Abbildungen der installierten Instrumente, Fotos aus der Werkstatt seit 1929 und sogar Klangbeispiele! Alles in allerhöchster Qualität und großer Detailbesessenheit ausgeführt! Noch besser ist es natürlich, die nächste Kirche zu besuchen, in der man eine Klais-Orgel hören kann.
Und warum arbeitet die Firma eigentlich immer noch an der Kölnstraße und nicht irgendwo im Gewerbegebiet vor der Stadt? Wegen des großen Traditionsbewusstseins, das auch in der Erhaltung des Gebäudekomplexes spürbar wird, da dieser heute kaum anders aussieht als auf den Fotos von 1929. Hier geht es nicht um Quantität, sondern um Qualität. Der Ehrgeiz des Unternehmens ist es nicht, möglichst viele, sondern einzigartige, „charaktervolle Instrumente mit hoher klanglicher und gestalterischer Ästhetik“ zu schaffen. Mehr als einige wenige Orgeln pro Jahr werden nicht gebaut. Und dafür braucht man vor allem Wissen, Überblick und handwerkliche Kompetenz – und nicht mehr Platz als der Urgroßvater.
Text und Fotos: Detlef Stender
Adresse: Kölnstraße 148
Literatur:
Bodsch, Ingrid: Orgelklang aus Bonn. Die Orgelwerkstatt Klais. Bonn 2013
Johannes Klais Orgelbau (Hg.): 125 Jahre Orgelbau Klais. Bewegung zwischen Zeit und Raum. Bonn 2010²
Klais-Website: www.klais.de
Vogt, Helmut: Johannes Klais. In: Internetportal Rheinische Geschichte, online