Rheinfähre Königswinter – Bonn-Mehlem

Eine beeindruckende Annäherung an das Siebengebirgspanorama bietet eine Fahrt mit der Fähre von dem linksrheinischen Bonner Ortsteil Mehlem nach Königswinter. Seit dem späten Mittelalter besteht diese für die Region wichtige Verbindung quer über den Strom. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die erste dampfbetriebene Fähre in Dienst gestellt. In der Folgezeit wurde der Fährbetrieb immer wieder auf den aktuellen Stand der Technik gebracht, um den steigenden Anforderungen vor allem durch den wachsenden Automobilverkehr gerecht werden zu können.

In der Frühzeit des Fährbetriebs überquerten die Rheinanlieger den Strom mit Nachen, die gerudert oder gestakt wurden, und schmalen Kähnen mit geringem Tiefgang. Diese wurden Mitte des 19. Jahrhunderts von den wesentlich größeren hölzernen Gierseilfähren – auch Gierponten  oder „fliegende Brücken“ genannt – abgelöst, die von der starken Strömung des Rheins angetrieben wurden und gehalten von einer Kette oder einem Stahlseil lautlos von Ufer zu Ufer glitten. Die ab 1893 eingesetzte letzte, nun bereits eiserne Gierponte hatte immerhin eine Tragkraft von circa 700 Personen.

Die Dampffähre „Königswinter II“ war knapp sechzig Jahre im Einsatz auf dem Rhein, ab Mitte der 1950er Jahre allerdings mit Dieselantrieb. Ansichtskarte, Anfang der 1950er Jahre: Sammlung Markus Krause.

Das Industriezeitalter begann für das Königswinterer Fährwesen vergleichsweise spät, als nämlich 1902 das erste dampfbetriebene, für 13 Kraftwagen und 300 Personen zugelassene Fährboot in Dienst gestellt wurde. In der Fracht- und Personenschifffahrt auf dem Rhein stand die Dampfmaschine schon seit Jahrzehnten im Einsatz. Auftraggeber der in den Niederlanden vom Stapel gelaufenen „Königswinter“ war die im Mai 1900 gegründete Gesellschaft „Rheinfähre Königswinter GmbH“, die noch heute den Fährbetrieb durchführt. Die Kohle für die Befeuerung der zwei Dampfkessel wurde über den Bahnhof Mehlem an der linksrheinischen Eisenbahnstrecke angeliefert. Die zwei Dampfmaschinen leisteten je 50 PS.

Bereits 1929 nahm eine neue, wesentlich größere und deutlich leistungsfähigere Fähre den Betrieb auf. Die wie ihre Vorgängerin in den Niederlanden gebaute „Königswinter II“ bot Raum für etwa 20 PKW.  Sie verfügte bereits über eine elektrische Beleuchtung und einen beheizbaren Aufenthaltsraum für die Passagiere. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Fähre durch amerikanischen Granatenbeschuss versenkt, binnen weniger Monate aber gehoben und wieder in Dienst gestellt. Bis 1960 wurde sie von zwei ehemaligen Wehrmachtsfähren unterstützt, die wegen des hohen Verkehrsaufkommens von der Fährgesellschaft angekauft worden waren.

Die „Königswinter II“ nach dem Umbau auf Motorantrieb. Ansichtskarte, Ende der 1950er Jahre, Sammlung Markus Krause.

Unter technikgeschichtlichen Aspekten steht die „Königswinter II“ unter anderem für den Umbruch vom Dampf- zum (Diesel-)Motorantrieb auch im Schiffbau: Mitte der 1950er Jahre wurden die zwei zusammen 220 PS leistenden Dampfmaschinen durch zwei mehr als doppelt so starke Dieselmotoren der Motorenwerke Mannheim ersetzt – die Modernisierung des Antriebs brachte mehr Leistung und damit höhere Geschwindigkeit bei reduziertem Personalbedarf. 

Die „Königswinter IV“ an der Rheinpromenade, links das nicht nur bei Kindern beliebte SEA LIFE Center. Quelle: Wolkenkratzer, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons.

1987 wurde die „Königswinter II“ außer Betrieb genommen und wenig später in den Niederlanden zu einem schwimmenden China-Restaurant im Stil einer fernöstlichen Pagode umgebaut. In dieser befremdlichen Form liegt sie im nahen Bonn-Beuel vor Anker: Nichts erinnert heute mehr an die Vergangenheit als Fähre, die in den ersten Nachkriegsjahren Bundeskanzler Adenauer in seinem Dienst-Mercedes von seinem Haus in Rhöndorf schnell und sicher über den Rhein ins Bonner Regierungsviertel gebracht hatte.

Ab 1960 war zusätzlich ein auf der Oberwinterer Clausen-Werft entstandener Neubau, die „Königswinter III“, am Fährbetrieb beteiligt. Sie war für die Autofahrer deutlich angenehmer zu nutzen als die Vertreter der älteren Fährengeneration. Dank der beiden Seitenpforten konnte das Schiff nun im Halbkreis befahren werden. Das komplizierte Rangieren auf der Fähre war nicht mehr nötig. 

Die aktuelle Fähre „Königswinter IV“ vor dem Königswinterer Rheinpanorama.

1997 wurde die „Königswinter III“ von der circa 46 Meter langen und 20 Meter breiten „Königswinter IV“ abgelöst, die von der renommierten Lux-Werft in Niederkassel-Mondorf gebaut worden war. Sie bestreitet bis heute den täglichen Fährverkehr. Die 2013 installierten vier Deutz-Motoren leisten zusammen 968 PS – genug um 40 PKW und bis zu 500 Personen zügig über den Fluss zu befördern. Zudem arbeiten sie deutlich abgasärmer und damit umweltfreundlicher als ihre Vorgänger. Dank des um 360 Grad drehbaren Wasserstrahlantriebs ist die „Königswinter IV“ wesentlich manövrierfähiger als Fähren mit herkömmlichem Schraubenantrieb.

Die „Königswinter IV“ am rechten Rheinufer.

Einige Meter stromabwärts von der Anlegestelle in Königswinter findet sich der feste Liegeplatz einer weiteren (historischen) Fähre, die aber als solche aufgrund zahlreicher Umbauten kaum mehr zu erkennen ist: Das schwimmende Restaurant „Alte Liebe“ war – mit Unterbrechungen – jahrzehntelang als Fährschiff zwischen Andernach und Leutesdorf im Einsatz. 

Text und Fotos: Markus Krause

Adresse: Anleger rechtsrheinisch: Rheinallee 6, 53639 Königswinter; Anleger linksrheinisch: Austraße, 53179 Bonn-Mehlem

Literatur:

www.faehre-koenigswinter.de

„Rheinfähre Königswinter“ In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-281082

Berres, Frieder: 2000 Jahre Schiffahrt am Siebengebirge. Sankt Augustin 1999 (Königswinter in Geschichte und Gegenwart, Heft 6)

Hofmann, Gustav: Über die Fähren im Raum Bonn und Bad Godesberg. Teil 1. In: Godesberger Heimatblätter (Jahresheft 2005 des Vereins für Heimatpflege). Heft 43, S. 9-36; Teil 2: Godesberger Heimatblätter (Jahresheft 2006), Heft 44, S. 17-39 

Stern, Volkhard: Mit der Fähre nach Königswinter. In: Godesberger Heimatblätter 52 (2014), S. 158-172