Schlachthof

Die Schlachtung von Tieren, deren Verarbeitung und Verkauf waren für die Verantwortlichen einer Stadt stets ein hygienisches Problem. Bereits im Mittelalter wurde der Verkauf überwacht und in der frühen Neuzeit in der Fleischhalle des Bonner Rathauses zentralisiert. Parallel dazu entstand 1717 an der Windmühle im äußersten Norden der Stadt unmittelbar am Rhein ein städtisches Schlachthaus. Dieses wurde 1860 abgerissen, da sich zwischenzeitlich wieder der Brauch durchgesetzt hatte, dass die Metzger in ihren eigenen Häusern schlachteten. Dass dabei teilweise nicht der geringste hygienische Standard eingehalten wurde, trug dazu bei, dass sich insbesondere Cholera- und Typhusepidemien ausbreiten konnten. Daher wurden Hausschlachtungen 1868 von der preußischen Regierung verboten. Das Gesetz eröffnete jedoch die Möglichkeit, außerhalb bebauter Gebiete Schlachtungen privat durchzuführen.

Da die Stadt aufgrund dieser Alternative ein direktes Handeln nicht für notwendig hielt und durch die mögliche Einrichtung eines städtischen Schlachthofs finanzielle Belastungen auf sich zukommen sah, wurde eine Entscheidung zunächst einmal hinausgeschoben. Erst die Initiative der städtischen Metzgerinnung zum Bau und Betrieb eines eigenen Schlachthofs veranlasste die Stadtverordneten 1883 zu dem Beschluss, einen Viehhof mit angeschlossenem Schlachthof in eigener Regie zu errichten und zu betreiben.

An der Immenburgstraße fand sich ein stadteigenes Grundstück, das über eine Wasserver- und Abwasserentsorgung verfügte und für das Vorhaben geeignet erschien. Der Betrieb konnte am 07.12.1889 aufgenommen werden.

Zwischen 1900 und 1905 wurde der Schlachthof nach Plänen des städtischen Baurates Rudolf Schultze erweitert . Schultze, der den Bau des Kölner Schlachthofes in den Jahren 1892-95 begleitet hatte, nahm diesen zum Vorbild für das Bonner Projekt. Neben einem leistungsfähigen Kühlhaus verfügte der Schlachthof über eine separate Viehmarktanlage, die über eigene Güterrampen und Gleisanschlüsse an das regionale Eisenbahnnetz angeschlossen war. Neben den Funktionsbauten war eine „stattliche“ Markthalle das Herzstück der Anlage. Ein besonderer Wert wurde auf die repräsentative Gestaltung der Fassaden zur Immenburgstraße gelegt. Durch turmartige Aufbauten sollte der imposante Gesamteindruck noch gesteigert werden.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Anlage durch Bombenangriffe erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Beim Wiederaufbau Ende der 1940er/Anfang der 1950er Jahre behielt man die Grundkonzeption der Anlage und auch teilweise der Gebäude bei. Der hohe Zerstörungsgrad und insbesondere die weit verbreitete Ablehnung der Architektur der Jahrhundertwende führten allerdings im Bereich der Außenarchitektur zu einem formal reduzierten Wiederaufbau, der von dem ehemals repräsentativen Ensemble nur mehr wenig erkennen ließ.

Die Nutzung des Schlachthofareals wurde Anfang der 2010 Jahre endgültig aufgegeben, nachdem der Schlachtbetrieb bereits 1992 eingestellt und das Gelände seitdem als „Gewerbe- und Gründungszentrum“ genutzt worden war.

An dem Gebäudebestand lässt sich heute noch die Grundkonzeption der Gesamtanlage von 1905 ablesen. Auch die ursprüngliche Fassadengestaltung der ehemaligen Markthalle ist mit viel Fantasie noch zu erahnen. Der Gesamteindruck ist jedoch von Vernachlässigung und Verfall geprägt. Eine Weiternutzung der Gebäude ist nicht zu erwarten.

Ehemaliger Kopfbau und Haupteingang an der Immenburgstraße. Foto: Fotogruppe Hardtberg.
Reste der Sheddachhallen Blick Richtung Osten. Foto: Fotogruppe Hardtberg.

Text: Franz Josef Talbot

Adresse: Immenburgstraße 20

Literatur:

Schultze, R.: Die Baugeschichte der Stadt Bonn 1815-1915.Bonn 1919. Maschinenschrift im Stadtarchiv Bonn (Signatur I e 201)