Villa Vorster

Eines der eindrucksvollsten Anwesen am rechten Rheinufer zwischen Königswinter und Bonn-Beuel ist die 1907 errichtete ehemalige Villa Vorster in Oberkassel mit ihrem weitläufigen Park. Auftraggeber des repräsentativen Gebäudes im englischen Landhausstil war der Kölner Unternehmer und Politiker Julius Vorster jun. (1845-1932). Seit 1886 war er verheiratet mit der Tochter des einflussreichen Zuckerfabrikanten Eugen Langen (1833-1895), dem Miterfinder des Ottomotors und Gründer der Gasmotorenfabrik Deutz.

Vorsters Vater hatte seine Karriere in der chemischen Industrie als Mitinhaber einer Chemikalienhandlung in Köln begonnen. 1858 hatte er gemeinsam mit einem Kompagnon die (allerdings erst 1892 so benannte) Chemische Fabrik Kalk(CFK) gegründet. Sie entwickelte sich in den folgenden Jahrzehnten zu einem der größten Industriebetriebe in Köln mit zeitweilig bis zu 2400 Beschäftigten. Nach dem Tod des Firmengründers 1876 wurde sein Sohn Geschäftsführer und Teilhaber des erfolgreichen Unternehmens, das unter anderem Düngemittel und verschiedene Chemikalien produzierte und bis 1993 bestand.

„Landhaus des Herrn Julius Vorster in Obercassel. Von Westen gesehen.“ Tafel 96 in: Architektonische Rundschau, Stuttgart 1909. Sammlung Markus Krause

Vom Rang des Unternehmens und der gesellschaftlichen Stellung seines Besitzers – der unter anderem Aufsichtsratsmitglied mehrerer bedeutender Unternehmen sowie Vertreter des Landkreises Moers im Preußischen Abgeordnetenhauses in Berlin war – zeugen Größe und architektonischer Anspruch des Oberkasseler Anwesens. Der Entwurf stammte von dem renommierten Berliner Architekten Otto March (1845-1913), einem Schwager des Auftraggebers. Auf March gingen auch die Pläne für die benachbarte, 1908 eingeweihte neue Evangelische Kirche zurück, an deren Bau Vorster sich großzügig finanziell beteiligt hatte.

Die Gestaltung des Hauses und des weitläufigen Parks orientierte sich am englischen Landhausstil, den March auf einer Reise vor Ort kennengelernt hatte. Gespart wurde an nichts, schon gar nicht an Platz: Laut den historischen Plänen hatte allein das großzügige „Wohnzimmer“ der Familie im Erdgeschoss eine Größe von circa 54 Quadratmetern. Das anschließende Esszimmer war noch etwas geräumiger – es mussten sicherlich nicht selten größere Gesellschaften bewirtet werden. Der „Hauslehrer“ dagegen logierte im Obergeschoß und hatte nur Anspruch auf bescheidene 20 Quadratmeter.

Ansicht der Nordfassade.

Nach Vorsters Tod im Jahr 1932 wurde das Anwesen verkauft. In den folgenden Jahren erlebte es unterschiedliche Nutzungen, so etwa als Kinder-Sanatorium und als Zentrum für die Behandlung sprachgeschädigter Kinder und Jugendlicher. Nach einer umfangreichen Renovierung Anfang der 1990er Jahre beherbergt es heute das Itzel-Sanatorium, ein Alten- und Pflegeheim. Gebäude und Park sind nicht öffentlich zugänglich.

Text und Fotos: Markus Krause

Adresse: Julius-Vorster-Straße 10

Literatur:

https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Vorster_junior

Hansmann, Aenne u.a.: Geschichte der Oberkasseler Straßen. Bonn 1980 (Schriftenreihe des Heimatvereins Oberkassel. Heft 3), S. 71-73

Talbot, Franz-Josef; Loosen, Judith: Denkmalpfade im Stadtbezirk Beuel. Hg.: Heimat- und Geschichtsverein Beuel am Rhein. Bonn 2004, S. 88-90