Wohnhäuser der „Bonner gemeinnützigen Aktiengesellschaft“ in der Peter- und Paulstrasse

Ab 1874 errichte eine gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft in der Bonner Nordstadt mehrgeschossige Mietshäuser für einfache Leute, um die Wohnungsnot zu lindern. Der bis heute gut erhaltene Straßenzug der Peterstraße gilt als eine der Pionieranlagen des gemeinnützigen Wohnungsbaus.

Während Mitte des 19. Jahrhunderts im Süden der Stadt luxuriöse Villen entstanden, gab es am Nordrand der Stadt ein Viertel, die Kuhle, mit engen Gassen, dichtbewohnten und ineinander verschachtelten Gebäuden, in denen sich die Armen unter unerträglichen Bedingungen zusammendrängten. Eine Untersuchung des Bürgermeisters Anfang der 1860er Jahre ergab, dass in den sieben am dichtesten bewohnten Häusern 365 Menschen lebten, durchschnittlich drei pro Raum.

Erste Bauten an der Paulstraße.

Immerhin erkannten die Bonner Honoratioren die Problematik und schickten sich an, die Verhältnisse zu verbessern, um „Krankheit und Siechtum“ zu verhindern, aber auch die vermeintlichen Ursachen für „Trägheit, Völlerei und Unzucht, Vergehen und Verbrechen“ abzumindern. Man entwickelte das Projekt einer gemeinnützigen Aktienbaugesellschaft, die durch den Bau von neuen Häusern dem Wohnungsnotstand abhelfen sollte. Für die Anteilszeichner gab es Steuererleichterungen sowie Dividenden. Es kam rasch eine stattliche Summe von 13.000 Talern zusammen, sodass 1864 auf dieser Basis eine der frühesten Baugesellschaften in der Rheinprovinz gegründet werden konnte. Zweck der Gesellschaft war die „Erbauung gesunder und zweckmäßig eingerichteter Wohnungen zur Vermietung an Arbeiter, Handwerker und andere, den weniger bemittelten Klassen angehörige Einwohner“. Man entschied sich gegen den Bau großer Mietskasernen und für den Bau kleinerer Häuser, in denen nur wenige Familien wohnen sollten – und zwar in der gerade entstehenden Bonner Nordstadt (heute oft Altstadt genannt). Im Gegensatz zum reichen Süden der Stadt entstand hier das Wohnviertel der Unter- und Mittelschichten, wo sich Tagelöhner, kleine Angestellte und Kaufleute, Handwerker und Handwerksbetriebe ansiedelten.

Peterstraße.

1874 wurden an der Paulstraße vier dreigeschossige Mietshäuser errichtet, 1875–76 an der Peterstraße (1–15) einige zweigeschossige Häuser mit zwei Fensterachsen, die nur fünf Meter breit waren. Die dortigen Wohnungen waren ca. 30 Quadratmeter groß und hatten zwei bis drei kleine Zimmer. Im Erdgeschoss gab es eine gemeinsame Toilettenanlage. Später folgten in der Peterstraße 17–27 einige dreigeschossige Dreifensterhäuser mit drei bis vier Räumen und 38 bis 45 QuadratmeternWohnfläche pro Familie. Ein solcher Zuschnitt galt damals bereits als hygienisch fortschrittlich. Als vorläufig letzter Bauabschnitt erfolgte der Bau von vier freistehenden Doppelhäusern auf der gegenüberliegenden Straßenseite (Peterstraße 2–4). Zwischen den Baugruppen und den Doppelhäusern wurden damals noch bewusst Baulücken belassen – eine aufgelockerte und lichte Bebauung.

Plan für freistehende Doppelhäuser in der Peterstraße. Der Zugang erfolgte zunächst von der Seite. Quelle: Roth 1985, S. 23.

1901 und 1912 wurden allerdings die Lücken geschlossen, um weiteren Wohnraum zu gewinnen. Auch die zweistöckigen Bauten der ersten Bauphase wurden um ein Stockwerk erweitert. Die verschiedenen Bauphasen zeichnen sich bis heute durch leicht unterschiedlichen Bauschmuck aus.

Bebauung 1876. Quelle: Roth 1985, S. 23.
Bebauung 1912 – mit geschlossenen Baulücken. Quelle: Roth 1985, S. 23.

Insgesamt vermittelt die gesamte Peterstraße aber trotz aller Varianten im Detail einen sehr einheitlichen Eindruck. Ganz bewusst hielt man sich bei der Verwendung von Zierelementen – im Vergleich zu anderen Privatbauten in der Nord- und erst recht in der Südstadt – sehr zurück, was den Gemeinschaftsgedanken der Bebauung auch ästhetisch betont und der Straße bis heute einen ruhigen und geschlossenen Eindruck vermittelt. Es handelt sich also historisch wie architektonisch um eine Art Pionieranlage des gemeinnützigen Wohnungsbaus.

Text und Fotos: Detlef Stender

Literatur:

Buschmann, Walter: Einleitung.In: Pufke, Andrea (Hg.): Siedlungen in Nordrhein-Westfalen. Rheinschiene. Band 1. Petersberg 2020, S. 11-58

Dreßel, Hans-Christian: „Ueber Arbeiterwohnungen in Bonn“.In: Bonner Geschichtswerkstatt (Hrsg.):„… tranken dünnen Kaffee und Platz dazu“. Leben in der Bonner Nordstadt 1850-1950

Roth, Erik: Aus den Anfängen des sozialen Wohnungsbaus.In: Landschaftsverband Rheinland, Rheinisches Amt für Denkmalpflege (Hg.): Denkmalpflege im Rheinland 4/1985, S. 22–26