Villa Ludolf Camphausen

Die klassizistische Villa am Rüngsdorfer Rheinufer, die Ludolf Camphausen (1803-1890) Ende der 1840er Jahre kaufte, ist eine der ältesten und schönsten Unternehmervillen am Rhein. Camphausen war Bankier in Köln und einer der bedeutenden Impulsgeber der Verkehrsentwicklung und des Eisenbahnbaus im Rheinland. Zugleich gehörte er zu den führenden Vertretern des rheinischen Liberalismus. Die wohlproportionierte Architektur der Villa wurde nicht wesentlich verändert, so dass wir heute noch einen Eindruck erhalten, wie die Villa in der Mitte des 19. Jahrhunderts ausgesehen hat.

Im Juli 1847 schilderte Ludolf Camphausen ein Anwesen, das die Familie offenbar als Sommersitz ins Auge gefasst hatte: „Samstag abend bin ich nach Godesberg gefahren und von da zu dem zehn Minuten entfernten, auf einer Anhöhe am Rheine … gelegenen Landhause gefahren, welches Elise mir mit dem selbstbewussten Stolze glücklichen Erfolges vorzeigte. Die Lage des Hauses und Gartens ist unübertrefflich, und obwohl klein, das Haus hat nur vier Fenster Front, gewährt die zweckmäßige innere Einrichtung vollkommen ausreichenden Raum.  … Wir blieben bis Sonntag abends auf der Villa und konnten uns noch an der herrlichen Beleuchtung durch die mattere Sonne ergötzen.“

Camphausen erwarb das Haus, obwohl er zunächst Bedenken wegen der„ Kostbarkeit der Reise hin und zurück“ hatte, und änderte glücklicherweise auch nichts an der für zweckmäßig und ausreichend befundenen Architektur. Die aprikotfarbene Rheinfront mit den vier Fensterachsen ist noch heute fast unverändert von der Promenade aus zu sehen.

Villa Camphausen, um 1900. Im Hintergrund der Sternbeobachtungsturm, den Camphausen 1852 bauen ließ, der aber nicht mehr erhalten ist. Foto aus: Sonntag 1998, Bd. 1, S. 295.

Camphausen war hochintelligent und neben seinen wirtschaftlichen und politischen Tätigkeiten interessiert an Musik, Literatur und auch an der Himmelsbeobachtung. 1852 ließ er daher einen „Turm für astronomische Zwecke“ an seine klassizistische Villa anbauen, der diese noch malerischer wirken ließ.

Villa mit Gebäude für die Sternwarte (rechts), Rheinseite.

Doch damit nicht genug, folgte 1871 noch ein Anbau für eine Sternwarte, die heute noch von der Rheinpromenade aus zu sehen. Der Beobachtungs-Turm wurde wegen Baufälligkeit allerdings 1960 abgerissen. Die wohlproportionierte zweiflügelige Villa, eines der frühen Landhäuser im Süden Bonns, ist so gut erhalten, dass sich der Weg hinauf nach Rüngsdorf in die Camphausenallee lohnt, um den gesamten L-förmigen Bau zu betrachten zu können.

Ansicht der Villa von der Camphausenallee aus.

Ludolf Camphausen (1803-1890) stammte aus einer Familie, die in Hünshoven nördlich von Aachen eine Ölmühle besaß und mit Tabak und Ölen Handel trieb. Er heiratete 1828 die fast gleichaltrige Elise Leussen aus Rheydt, die Tochter eines Spinnereibesitzers. Bereits 1830 zog er nach Köln und gründete dort gemeinsam mit seinem Bruder August eine weitere Ölmühle. Es folgte der Einstieg in den Getreidehandel und 1840, wiederum gemeinsam mit dem Bruder, die Gründung des Bankhauses „A. & L. Camphausen“ in Köln, das schnell in die Riege der wichtigen Kölner Privatbanken aufstieg. Das Bankhaus war an der Finanzierung von Unternehmungen im Bergbau und Eisenbahnwesen engagiert.

Schon 1833 war Camphausen Mitglied der einflussreichen Handelskammer Köln geworden; von 1839 bis 1847 war er deren Präsident. Seit 1831 Mitglied des Stadtrates, vertrat Camphausen ab 1843 Köln im rheinischen Provinziallandtag und ab 1847 auch im Vereinigten Landtag Preußens. Camphausen war mit Hermann von Beckerath, Gustav Mevissen (siehe Villen Kurfürstenallee und „Am Kurpark“) und David Hansemann einer der führenden Liberalen des Rheinlandes aus den Kreisen des Wirtschaftsbürgertums. Er war allerdings in seinen politischen Ansichten etwas moderater als andere Liberale wie etwa Gustav Mevissen. 1848/49 wurde er für ein Jahr „als der erträglichste der rheinischen Oppositionsführer“ sogar kurzeitig preußischer Ministerpräsident.

Ludolf Camphausen, Eisenbahn-Pionier und Allround-Unternehmer. Aus: Kölner Personenlexikon, S. 95.

Camphausen war ein Befürworter des Freihandels und beschäftigte sich intensiv mit der Handels- und Verkehrspolitik – und hatte dabei immer auch das Wohl seiner Heimatstadt im Blick. Bereits 1841 gründete er eine Dampfschifffahrtsgesellschaft in Köln, die der Frachtschifffahrt auf dem Rhein mit dampfbetriebenen, flachen Schleppern und eisernen Lastkähnen völlig neue Möglichkeiten eröffnete. Die Dampfschifffahrt war unabhängig vom Wasserstand und weit schneller und zuverlässiger als die unmotorisierte Schifffahrt. Camphausens eigentliches Augenmerk galt aber der Entwicklung des Eisenbahnverkehrs. Er darf als Eisenbahnpionier gelten, schrieb etliche Denkschriften zur Beförderung des Eisenbahnbaus und war maßgeblich an der Gründung der wichtigen Eisenbahnlinien von Köln nach Antwerpen, von Köln nach Minden – durch das Ruhrgebiet in Richtung Weser und weiter nach Berlin – und der Köln-Bonner Eisenbahn beteiligt.

Sonnenuhr an der Sternwarte.

Nach den Ereignissen von 1848 zog er sich allmählich aus der Politik und 1868 auch aus seinen geschäftlichen Aktivitäten zurück. Von nun an widmete er sich ganz der Familie und seinen naturwissenschaftlichen und astronomischen Interessen – und sicherlich auch der Sternwarte und dem Beobachtungsturm in seiner Villa am Rhein. Camphausen starb 1890 in Köln.

Text und Fotos: Detlef Stender

Adresse: Camphausenallee 7, Die Villa ist von Rheinpromenade gut sichtbar.

Literatur:

Angermann, Erich: „Camphausen, Ludolf“. In: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 112-115, online:  https://www.deutsche-biographie.de/pnd118518704.html#ndbcontent

Soénius, Ulrich S., Wilhelm, Jürgen (Hg.): Kölner Personenlexikon. Köln 2008

Sonntag, Olga: Villen am Bonner Rheinufer: 1819–1914. Bonn 1998.Bd. 1, S. 290, 3 S. 7ff.

Thomann, Björn: Ludolf Camphausen. In: Internetportal Rheinische Geschichte, online: http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/ludolf-camphausen/DE-2086/lido/57c687cbb5eeb8.47976539