Villa Arthur Camphausen

Ein besonderer Reiz der ehemaligen Villa Camphausen liegt etwas im Verborgenen – auf der Rückseite des Gebäudes. Dort liegt ein weitläufiger Park von dem man freien Blick auf die andere Rheinseite hat – unter anderem auf den Drachenfels. Das Gebäude geht vermutlich auf einen Bau aus den 1860er Jahren zurück. Der Bankier Arthur Camphausen brachte Anfang des 20. Jahrhunderts mit einen Umbau das Ensemble in die repräsentative Form, die weitgehend erhalten ist. Der sehr vermögende Besitzer Arthur Camphausen war unter anderem Mitglied im Aufsichtsrat des A. Schaaffhausen’schen Bankvereins in Köln, dessen Engagement insbesondere der Finanzierung industrieller Aktivitäten galt. Arthur Camphausen war zugleich stellvertretender Vorsitzender der Kölnischen Rückversicherungsgesellschaft, die 1846 von Gustav Mevissen gegründet worden war. Die Villa wurde später erweitert, ist aber als Seniorenresidenz im Kern gut erhalten.

Weil es im Ruhrgebiet kaum Banken gab, war die die Verbindung des A. Schaaffhausen‘schen Bankvereins, in dessen Aufsichtsrat Camphausen saß, und anderer Kölner Bankhäuser mit der Montanindustie im rheinisch-westfälischen Gebiet in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ausgesprochen eng. Die Banken finanzierten den gewaltigen Kreditbedarf der jungen Industrieunternehmungen und hielten oft selbst größere Beteiligungen an den Firmen. Die Kölner Banken werden als die „Generalkassen“ der regionalen Eisenbahnprojekte bezeichnet. Sie steuerten durch Finanzierungsentscheidungen die Ausrichtung der Betriebe und griffen aus Eigeninteresse auch aktiv in die Firmenpolitik ein. Sie initiierten und organisierten die Gründung von Aktiengesellschaften und waren oft auch selbst mit Kapital und Direktorenposten in Verkehrs-, Versicherungs- und Montanunternehmen beteiligt. Bankgeschäfte, die Gründung von Aktiengesellschaften und Industrietätigkeiten waren also auf Engste miteinander verknüpft – und die Bankiers gewissermaßen die Lotsen der Entwicklung

Frontfassade des Hauptgebäudes.

Bereits der Gründer des Bankvereins, Arthur Schaaffhausen, hatte einen Landsitz in Plittersdorf gehabt (siehe Villa Carstanjen / Landgut Schaaffhausen). Und auch die späteren Leiter der Bank Gustav Mevissen, Victor Wandelstadt und Wilhelm Deichmann hatten in Godesberg Sommerhäuser besessen (siehe Villen Kurfürstenallee, Villen „Am Kurpark“, Villa Deichmannsaue).

Plan für einen Gartenpavillon und Wintergarten. 1895, aus: Sonntag 1998. Bd. 1, S. 49.

Camphausen war ein Neffe des Bankiers Ludolf Camphausen, der schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts eine Villa in Rüngsdorf (siehe Villa Ludolf Camphausen) bewohnt hatte. Nach dem Ankauf des Anwesens fügte der neue Besitzer 1895 zunächst einen Gartenpavillon von fast zehn Metern Länge hinzu. Das Gebäude war zwar eine moderne Glas-Eisenkonstruktion, bestach aber zugleich durch seine historisierende Architektur. In einer 64 Meter langen Fruchthalle wurden Pfirsiche und Wein gezogen. Eine Dampfmaschine mit 12 PS trieb Wasserpumpen an und sorgte über einen Generator für elektrischen Strom. Zudem war der Hausherr ein Orchideen-Sammler und -züchter – alles zum Zeitvertreib. Wenig später folgte ein Bau mit 12 Fensterachsen, der Raum für eine große Reitbahn bot. Platz für diese luxuriösen Gebäude war offenbar ausreichend vorhanden, denn die Villa besaß einen sieben Hektar großen, zum Rhein hin gelegenen Park. Daher mag auch der Name „Villa Bella Vista“ rühren.

Der weitläufige Park (nicht öffentlich zugänglich) mit Blick auf den Drachenfels.

1908 wurde das Hauptgebäude aufgestockt und an der Vorderfront der Dreiecksgiebel und auf der Rückseite der markante polygonale Erker hinzugefügt. Damit war das spätklassizistische Erscheinungsbild des Hauptgebäudes komplett, das über die Jahrzehnte erhalten blieb und es bis heute prägt.

Ansicht von der Rückseite.

1924 ging die Villa in den Besitz der Familie Ringsdorff über, die in der Nähe des Mehlemer Bahnhofs einen großen Industriebetrieb besaß (siehe Ringsdorff-Werke). In der Nachkriegszeit nutzte Hans Fischerkoesen, ein Pionier des Werbefilms und einer der erfolgreichsten Produzenten der Branche, die Villa als Filmstudio. Für Fischerkoesen arbeiteten zeitweise 60 Personen in Mehlem. Nach einer Verwendung als Botschaft Südkoreas ab 1985 begann 2004 die Umnutzung der Villa als Seniorenheim. Zu diesem Zweck wurden die beiden historisch wirkenden, aber neuzeitlichen Seitenflügel hinzugefügt.

Text und Fotos: Detlef Stender

Adresse: Mainzer Straße 229

Literatur:

Ammermüller, Martin / Geyer, Michael: Spaziergang durch Mehlem. Bonn 2014²

Feldenkirchen, Wilfried: Kölner Banken und die Entwicklung des Ruhrgebiets, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte, 27/1982, S. 81-106

Heidermann, Horst: Die Entwicklung der Industrie in dem Badeort Godesberg. Bonn 2014, S. 187 ff.

Sonntag, Olga: Villen am Bonner Rheinufer: 1819–1914. Bonn 1998. Bd. 1, S. 49; Bd. 3, S. 78 ff.

Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg: Mobil unterwegs – Mehlem
https://vhh-badgodesberg.de/mobil-unterwegs/mehlem/