Im Süden Bonns, im Stadtteil Kessenich, befindet sich die Urzelle des berühmten Süßwarenherstellers, der – wenn man der Selbstdarstellung auf der Unternehmenswebsite glauben kann – in der Waschküche des Hauses Bergstr. 37 „lediglich mit einem Sack Zucker, einer Marmorplatte, einem Hocker, einem Herd, einem Kupferkessel und einer Walze“ einst in Richtung Welterfolg startete…
Die industrielle Verarbeitung der ursprünglich in Indien beheimateten Jutepflanze begann in Europa in der ersten Hälfte des 19. Jh. in Schottland.Die erste Jutespinnerei auf dem europäischen Festland entstand 1861 in der Nähe von Braunschweig. In Bonn entstanden kurze Zeit später gleich zwei juteverarbeitende Betriebe. Die „Mechanische Jutespinnerei“ am Bonner Talweg wurde 1868 gegründet, im gleichen Jahre wie die Fabrik in Beuel.
Die Firma Orgelbau Klais ist seit 1882 in der Bonner Nordstadt ansässig. Sie baut und restauriert seit vier Generationen mit höchstem Qualitätsanspruch Orgeln – und hat inzwischen auch international großes Renommee. In Zeiten, in denen Gewerbebetriebe fast nur noch in gesichtslosen Industriegebieten am Stadtrand produzieren, ist es eine Besonderheit, dass die Firma nach wie vor an ihrem ursprünglichen Stammsitz an der Kölnstraße, im historisch gewachsenen städtischen Umfeld arbeitet. Die neugotische Werkstattfassade erinnert – sicherlich nicht ganz zufällig – ein wenig an Kirchenarchitektur.
Voraussetzungen für die industrielle Produktion von Tapeten im heutigen Sinne waren ein Rollendruckverfahren und Maschinen, die in der Lage waren, lange Papierbahnen herzustellen. Durch die Kombination der beiden Techniken war erstmals in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine massenhafte Produktion von Papiertapeten als Rollenware möglich.
Soennecken dürfte als Firma für Schreibwaren und Bürobedarf jedem ein Begriff sein. Vielleicht nicht so bekannt ist die Tatsache, dass auch dieses große deutsche Unternehmen fast ein Jahrhundert lang in Bonn ansässig war. Hier erschuf der Gründer und Namensgeber Friedrich Soennecken, ein einfallsreicher Erfindergeist mit Sinn fürs Geschäft und die Bedürfnisse der Zeit, eine ganze Branche neu.
Industrie im größeren Maßstab spielte in der Kernstadt Königswinter nur am Rande eine Rolle. Die lokal dominierenden Branchen Steinabbau, Backofenbau und Bootsbau waren eher kleinteilig-handwerklich geprägt. Eine Ausnahme waren seit den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg die unweit des Bahnhofs gelegenen Lemmerzwerke, heute Maxion Wheels Werke GmbH. Das weltweit agierende Unternehmen produziert Stahl- und Aluräder für die Fahrzeugindustrie. Es zählt zu den größten Arbeitgebern in der Region.
Zement als Bindemittel bei der Herstellung von Beton ist aus dem Baubetrieb nicht mehr wegzudenken. Der heute verwendete Zement basiert auf einem Verfahren, das in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in England entwickelt wurde: Im Prinzip werden Kalkstein und Tonmiteinander vermalen, zu Ziegeln geformt, gebrannt und schließlich erneut gemahlen. Der entscheidende Schritt zur Entwicklung des Portland-Zements – der heute gebräuchlichsten Zementart, die sich durch ihre hohe Festigkeit auszeichnet – wurde schließlich durch die Sinterung der verschiedenen Ausgangsstoffe erreicht.
Rund um den Bahnhof Mehlem entwickelte sich Ende des 19. Jahrhunderts ein reges Industriegebiet – etwas was in Godesberg nicht gab und dort auch unerwünscht war. Die meisten dieser Betriebe rund um die Drachenburgstraße existieren nicht mehr. Heute arbeiten hier aber noch die Nachfolge-Firmen der Ringsdorff-Werke, SGL Carbon und GKN Sinter Metals. Dieser großflächige Firmenkomplex mit sehenswerter Architektur aus dem 20. Jahrhundert gehört heute zu den größten industriellen Arbeitgebern in Bonn.
Die Firma Weck wurde 1900 im badischen Öflingen gegründet. Seit 1950 produziert sie in Bonn-Duisdorf die berühmten Weck-Gläser. Drei Betriebe des Unternehmens in Ostdeutschland waren in der frühen Nachkriegszeit enteignet worden. Die gesamte Produktion wurde daraufhin nach Duisdorf verlagert. Auch wenn das „Einwecken“ nicht mehr gang und gäbe ist, hat sich die Fabrik doch gehalten und produziert nach wie vor in Bonn Gläser im großem Umfang.
Johann Weck, der Namensgeber und Gründungsvater der Firma, hatte das Patent für die Herstellung der Einmachgläser Ende des 19. Jahrhundert aufgekauft. Die Grundidee: Nach dem Erhitzen des Einmachgutes in Gläsern entsteht während des Abkühlens ein Unterdruck. Der Gummidichtring zwischen Glasbehälter und gläsernem Deckel sorgt für einen festen Vakuum-Verschluss und hält dadurch Bakterien fern. Weck war ein Anhänger der Lebensreformbewegung und schwärmte für Vegetarismus. Für den Naturapostel hatte die Konservierung von Obst und Gemüse natürlich einen besonderen Reiz – und so gründete er gemeinsam Georg van Eyck im Jahr 1900 die Firma Weck im badischen Öflingen. Van Eyck hatte zuvor als Vertreter erfolgreich am Niederrhein Hausfrauen vom Nutzen der Weckgläser überzeugen können.
Der eher unstete Weck verließ bereits 1902 die Gesellschaft, dem „Verkäufer“ Eyck gelang es aber mit geschicktem Marketing, die Weckgläser zu einer weltweit bekannten Marke zu machen und die häusliche Vorratshaltung grundlegend zu verändern. Wanderlehrerinnen hielten Vorträge über das Einkochen, die Firma vertrieb Broschüren, Ratgeber und Kochbücher zum Thema „Koche auf Vorrat!“ und ein firmeneigener Verlag gab sogar eine Zeitschrift heraus: „Die Frischhaltung“. Schon1907 fand das Verb „Einwecken“ Eingang in den Duden.
Bereits ab 1911 hatte die Firma in Duisdorf mit der Produktion von großen Spezialtöpfen zum Einkochen begonnen, in denen die Weckgläser erhitzt wurden. Für diesen Zweck wurde eigens die Einkochtopf- und Thermometer AG (Ekameta) gegründet, die allerdings 1929 die Produktion wieder einstellte. Seitdem war in Duisdorf lediglich die Vertriebszentrale für Weck-Produkte in Westdeutschland angesiedelt.
Weck-Glaswerk mit dem traditionellen Erdbeer-Logo.
Auf dem Gelände einer ehemaligen Bleiweißfabrik am Alten Heerweg ließ die Firma ab 1950 in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof Duisdorf neue Fabrikgebäude errichten. Der Betrieb florierte und beschäftigte bald circa 700 Mitarbeitende. 1958 kam neben den Weckgläsern auch die Produktion von Glasbausteinen hinzu, die weltweit exportiert wurden, vor allem in die USA, aber auch nach Kanada und Mexiko. Die Nachfrage nach den klassischen Einmachgläsern sank zwar allmählich mit dem Siegeszug von Fertigkonserven und Tiefkühlware. Die Weck-Glaswerke begannen jedoch, Gläser für die aufstrebende Lebensmittelindustrie herzustellen. 2024 machten die Gläser für Fertigware 90 Prozent des Umsatzes der Weck-Werke aus. Das Einmal-Glas ersetzte also weitgehend das nachhaltige Einmach-Glas, das immer wieder verwendet werden konnte.
Das Weck-Glaswerk, Westfassade mit Glasbausteinen.
1997 waren noch 400 Mitarbeitende beschäftigt. Nach Problemen mit Niedriglohnkonkurrenz aus Asien und Finanzengpässen entschloss sich das Unternehmen 2003, die Herstellung von Glasbausteinen ganz aufzugeben und 115 von damals 360 Beschäftigten zu entlassen. Mit diesem harten Schnitt gelang die wirtschaftliche Erholung.
Die Produktion der Hohlgläser erfolgte Anfang der 2020er Jahre mit zwei großen und modernen Glasschmelzen, in denen der Rohstoff auf einer Fläche von 60 Quadratmetern mit einer Temperatur von 1.500-1.600 Grad verflüssigt wird. Dann werden einzelne Tropfen abgetrennt, in Form für die gewünschten Hohlgläser gepresst und schließlich bei sinkenden Temperaturen allmählich abgekühlt – alles vollautomatisiert. Die Glasschmelzen selbst dürfen nicht abkühlen, sonst erstarrt das Material und ruiniert die teuren Anlagen. Daher arbeitet die Firma im Vierschicht-Betrieb, was einen erheblichen Energiebedarf mit sich bringt. 2024 ging das Unternehmen unter anderem wegen der hohen Energiekosten in Insolvenz, wurde aber bald von einem neuen Besitzer (Aurelia) übernommen, er die Firma modernisiert und weiter führt.
Die seit den 1950er Jahren errichteten Neubauten des Glaswerks am Alten Heerweg zeichnen sich durch eine funktionale und zweckorientierte Architektur aus. Mit dem gezielten Einsatz von Glasbausteinen wurden die Hochbauten gegliedert und die Innenräume belichtet. Im Hintergrund finden sich großflächige Shedhallen. Ein Farbkonzept verbindet harmonisch die unterschiedlichen Bauten und Bauphasen.
Die Backsteingebäude in dem Karree Immenburg-, Jonas-Cahn-, Nideggen- und Hein-Moeller-Straße, die heute weitgehend das Signet der Firma EATON tragen, gehörten bis 2008 zur Firma Klöckner-Moeller.
Einer der wenigen (noch) gut erhaltenen Fabrikkomplexe Bonns ist im Norden der Stadt zu entdecken: die Gebäude der einstmals bedeutenden Bonner Fahnenfabrik. Das Gelände mit zwei großen Fabrikhallen und einem weithin sichtbaren Schornstein soll in zukünftig eine neue Nutzung erfahren, die das Ensemble grundlegend verändern wird.
Etwas abseits der Wohnbebauung etablierte sich nordwestlich der Endenicher Straße und im Umfeld des Güterbahnhofs seit den 1870er Jahren ein kleineres Industriegebiet. Das Gelände an der Grenze zu der bis 1904 selbstständigen Gemeinde Poppelsdorf gehörte in weiten Bereichen der Stadt. Erschlossen wurde es über die Viktoria-, Immenburg- und Karlstraße. Die Entwässerung erfolgte über den sogenannten Kielgraben, einen Abwasserkanal, der über den Dransdorfer- und Rheindorfer Bach mit dem Rhein verbunden war.
Der Übergang von handwerklich geprägten Bäckereien zur industriellen Herstellung von Backwaren erfolgt erstmals um die Wende vom 19. zum 20. Jh. Erst durch die Erfindung des von außen beheizbaren Dampfbackofens, der den bis dahin verwendeten Steinbackofen ablöste, wurde eine kontinuierliche Beschickung der Öfen mit Backwaren möglich, ohne dass der Backraum jedes Mal wieder neu befeuert werden musste. In Verbindung mit der Einführung elektrisch betriebenen Knet- und Rührgeräten wurde so erst eine massenhafte Produktion von Backwaren möglich.
Mit der Anlage der neuen Hafenanlage 1924 änderten sich auf einen Schlag die Verhältnisse im bis dahin beschaulichen Graurheindorf im Norden Bonns. Am Kai wuchsen zwei für die dörflichen Verhältnisse gigantische Gebäude aus dem Boden. 1927 begann dort die „Bonner Weizenmühle Carl Auer” Getreide zu mahlen. Dieses wurde meist per Schiff angeliefert. 1930 zerkleinerten die Mahlgänge pro Tag ca. 100 Tonnen!
In der Bonner Südstadt in der Königstraße 78 findet sich das letzte bauliche Zeugnis der ehemaligen Kaffeerösterei Zuntz. Die architektonisch auffällige Fassade erzählt vom ehemaligen Industriestandort Bonn-Poppelsdorf, von der Blütezeit eines Bonner Unternehmens, das fast anderthalb Jahrhunderte lang hier ansässig war, und vom jüdischen Leben in Bonn.